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Wie sich Gabriels Neuer Realismus als wertlose Pseudo-Philosophie entpuppt


Das Besondere an Philosophie ist, dass sie – wo Logik versagt – die Freiheit hat, weiterzudenken in nur noch Erfühlbares hinein, in einen Bereich also, wohin ihr Wissenschaft, speziell Naturwissenschaft nicht mehr folgen kann.

So ist beispielsweise die Frage, ob es ein Leben nach dem Tode gibt, eine philo­sophisch durchaus sinnvolle Frage, eine Frage aber, auf die es, – gleichberechtigt zu einander – diametral entgegengesetzte Antworten gibt.

Gegeben zwei davon, ist nicht feststellbar, mit welcher Wahrscheinlichkeit die eine richtiger sein könnte als die andere – und so können beide nie mehr als nur Meinung sein.

Wissenschaft beginnt dort, wo sich Meinungen sinnvoll errechenbare Wahrschein­lichkeiten dafür zuordnen lassen, dass sie richtig sind.

Kant verkündete, die Wirklichkeit zeige sich dem Menschen nicht so, wie sie ist, sondern stets nur so, wie sie ihm aufgrund der besonderen Art seines Erkenntnis­vermögens erscheint.

Dass das mehr als nur Meinung ist, lässt sich einsehen wie folgt:

Es ist eine unbestreitbare Tatsache, dass es Menschen gibt, die deutlich unter­schiedlich genau sehen und auch unterschiedlich genau denken. Dies hat zur Folge, dass sie ein dieselbe Sache unterschiedlich wahrnehmen (im wörtlichen wie im übertragenen Sinne).

Damit ist bewiesen, dass sie die Wirklichkeit i.A. eben keineswegs so wahrnehmen, wie sie tatsächlich ist. Ihr Sehen bzw. Verstehen müsste sonst ja zum gleichen Ergebnis kommen.

Ich kann nicht glauben, dass Gabriel dieser triviale Zusammenhang entgangen sein sollte. Wenn er ihn aber kennt, muss es ja wohl so sein, dass er diese Erkenntnis leugnet mit dem Ziel, sich von Kant absetzen zu können. Dies wiederum würde bedeuteten, dass ihm an der Wahrheit gar nicht gelegen ist, sondern nur daran, mit welcher Meinung er sich am besten profilieren kann. Wo aber bleibt dann die Liebe zur Wahrheit, die doch wichtiges Charakteristikum aller brauchbaren Philosophie sein sollte?

Festzuhalten bleibt:

Wer eine Aussage, für die es einen gut nachvollziebaren Beweis gibt, nicht als wahr anerkennen möchte, sobald ihm dieser Beweis bekannt wurde, verdient es nicht, Philosoph genannt zu werden. Und die Qualität eines ehrlichen Wissen­schaftlers hat er dann ja wohl auch nicht.

Und so nehme ich Markus Gabriel in erster Linie wahr als Lobbyist in eigener Sache. Philosoph oder Wissenschaftler scheint er mir nur so am Rande sein zu wollen. Aber natürlich verbucht er es als großen Erfolg, wenn andere ihm die beiden Rollen dennoch abkaufen.

Man muss ihm das nicht unbedingt verübeln – sollte aber doch klar erkennen, dass sein Neuer Realismus nur Mittel zum Zweck zu sein scheint: Strungbrett für erfolgreiche Selbstvermarktung.

Je mehr von uns Gabriels Neuen Realismus ernst nehmen ohne mein Argument oben entkräften zu können, desto mehr glaubt Gabriel inzwischen wohl schon selbst an den Unsinn, den zu wiederholen er nicht müde wird.

Gabriel scheint sich selbst gar nicht mehr bewusst zu sein, dass er wertlose Pseudo-Philosphie vertritt, die sich ergab und an der er festhält, da er Tatsachen übersah, übersieht oder bewusst nicht zur Kenntnis nehmen will. Und so macht sich der angeblich “derzeit beste deutsche Philosoph” selbst zum sprechenden Beispiel dafür, wie recht Kant hatte: Wer nur sieht, was er sehen möchte – und das passiert ja jedem von uns gelegentlich –, der will doch gar nicht, dass sich ihm die Wirklichkeit so darstellt, wie sie tatsächlich ist.

Welchen Wert aber kann angeblicher Realismus haben, wenn er eine solch elementare, folgenreiche Tatsache leugnet?

Schon Parmenides (etwa 500 v. Chr.) war klüger. Er schrieb: Die Welt, in der wir zu leben glauben, ist die vermeintliche Welt der Sinneswahrnehmungen; die Welt ist nur Meinung. Aus heutiger Sicht muss man wohl hinzufügen: … oder Marketing.

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Lies auch: Neuer Realismus: In sich widersprüchliche, wertlose Philosophie — Wo schlampiges Denken aus Wahrheit Unwahrheit macht

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Siehe auch: 2 Kommentare unten …

 

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Existenz – wie man diesen Begriff zu verstehen hat


Schon einige Philosphen und Physiker – u.A. auch Kant – haben klar erkannt:

Wir wissen nicht (und können ganz grundsätzlich nicht wissen), in welch konkreten Form die Wirkichkeit existiert. Was wir als real erachten, ist Deutung von Impulsen, die unsere Sinnesorgane erreichen – mehr nicht.

Farbe etwa, existiert höchstens als Wellenlänge elektromagnetischer Strahlung.

Die theoretischen Physiker sind heute der Meinung, dass Einsteins Theorie uns gezeigt habe, dass der Raum nur existiert als Abstand zwischen Objekten – von Objekten jeder nur denkbaren Größe, angefangen mit Elementarteilchen bis hin zu ganzen Sternen: so wie es schon Leibniz vermutet hat.

Abstand aber ist gegeben als Anzahl der Schwingungen, die in einer bestimmten Variante eines Cäsium-Atoms passieren, während es sich schnellstmöglich von A nach B bewegt (wo A und B die beiden Objekte sind, von deren Abstand wir sprechen wollen). Wir interpretieren das Cäsium-Atom als Uhr und die Anzahl dieser Schwingungen als Zeit, die vergeht, während sich das Atom von A nach B bewegt. Zeit ist demnach nur Ausdruck von Veränderung. Wir wissen nicht, ob sie zudem noch in irgend einer konkreteren Form existiert.

Carlo Rovelli – ein theoretischer Physiker, der u.A. auch Zeitforscher ist – schrieb (nicht wörtlich, aber sinngemäß auf Seite 94 seines Buches Die Ordnung der Zeit):

Die Veränderungen, denen das Universum unterworfen ist (die Ticks jener Uhren) lassen sich nicht als eine einzige Aufeinanderfolge von Veränderungen des Zustandes des Universums organisieren: Die Zeitstruktur der Welt ist nicht nur eine einfache lineare Abfolge von Augenblicken. Aber das macht die Zeit weder inexistent noch illusorisch.

Wenn also viele glauben, die Zeit sei nur Illusion, der Raum aber konkret, so sieht Carlo Rovelli das eher umgekehrt.

Tatsache ist (wie Rovelli ganz richtig feststellt): Das Wort “existiert” hat für sich allein gar keine Bedeutung. Alles, von dem wir sagen, es existiere, kann nur in dieser oder jener Rolle existieren.

Dass eine Sache existiert, kann von Fall zu Fall völlig unterschiedlich gemeint sein: ein Gesetz, ein Stein, eine Nation, ein Krieg, eine Figur aus einer Komödie, der Gott einer Religion, eine Märchengestalt, das Einhorn, von dem wir träumen, die große Liebe, eine Zahl, die Welt, … – all das existiert, aber jeweils doch in völlig unter­schiedlichem Sinne. Pinocchio etwa existiert als literarische Figur, aber nicht als Mensch, den man anfassen kann.

Kurz: Danach zu fragen, ob Raum oder Zeit existieren, wie “real” sie also sind, bedeutet einfach nur, danach zu fragen, in welcher Bedeutung wir diese Worte gebrauchen wollen. Das wiederum hängt davon ab, wen man frägt: Dich, mich, einen Physiker oder einfach nur ein Kind, dem all diese Erwägungen fremd sind.

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Nur Markus Gabriel sollten wir nicht fragen: Er nämlich behauptet, dass “Polizei­­uniform tragende Einhörner auf der Rückseite des Mondes” existieren, obgleich die Welt als Ganzes nicht existiere. Letzteres sei daran zu erkennen, dass jeder Versuch, ihren Inhalt aufzuzählen, scheitern muss.

Geht es wirklich noch einfältiger? Kann man das noch als ernst zu nehmendes Ergebnis eines Wissenschaftlers bezeichnen? Macht es Sinn, darüber ein Buch zu schreiben? Oder noch weiter über die Frage der Existenz der Welt zu forschen, wie Gabriel es zu Ende seiner Antrittsvorlesung versprach?

Warum – so frage ich mich – kann ausgerechnet der Inhaber eines Lehrstuhls für Existenzphilosophie nicht einsehen, dass Existenz stets nur rollenspezifisch gedachte Existenz sein kann?

Das ist umso erstaunlicher, wo er doch selbst darauf besteht, dass man auch alles nur in Gedanken Existierende als existent anzusehen habe.

Auf die Feststellung der Journalistin Silke Weber: “Sie wollen die Trennung zwischen der Welt und der Vorstellungswelt aufsprengen und widerlegen dabei eben mal Philosophen wie Immanuel Kant, Friedrich Nietzsche, Jacques Derrida …” beeilt sich Gabriel zu antworten: … mindestens die, ja. [Zeit Online: Interview mit Markus Gabriel vom 7.11.2014: “Real ist, was real ist”.]

Meiner Ansicht nach hat Markus Gabriel – wahrscheinlich, weil er mal was über die Nichtexistenz der Menge aller Mengen gelesen, das Argument dort aber nicht verstanden hat – keinen einzigen dieser Philo­so­phen widerlegt!

Schade, dass er nicht bereit ist, mit mir oder anderen darüber zu diskutieren.

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Gabriels Erkenntnistheorie: Einfach nur ein Denkfehler?


Unter dem sog. Neuen Realismus versteht man eine philosophische Debatte, welche — unter eben diesem Namen — Markus Gabriel und Maurizio Ferraris am 23. Juni 2011 (um 13:30, wie sie schreiben) bei einem gemeinsamen Mittagessen in Neapel losgetreten haben.

Gabriel hat sie zum Aushängeschild für sich selbst gemacht und zum Startpunkt seiner Karriere als Inhaber eines Lehrstuhls für Erkenntnistheorie.

Seine Bücher verkaufen sich gut, da sein Buch » Warum es die Welt nicht gibt « ihn paukenschlag­artig bekannt gemacht hat. Er argumentiert darin — wie vorher schon in seiner Antrittsvorlesung 2009 —, dass alles existiere, die Welt als Ganzes aber nicht existiere.

Gabriels Argumentation ist einfach, denn sie geht von nur zwei Aussagen aus, die er als wahr unterstellt:

  • Zu existieren bedeutet, in einem Sinnfeld aufzutreten, und
  • die Welt müsse man sehen als das Sinnfeld aller Sinnfelder (wobei man sich unter einem Sinnfeld einen Gegenstandsbereich vorzustellen habe).

Hieraus, so seine Aussage, sehe man sofort: Würde es die Welt geben, müsste sie in einem Sinnfeld auftreten. Das aber könne sie nicht, da sie ja das Sinnfeld aller Sinnfelder sei.

Was er seinen Zuhörern — bewusst oder irrtümlich? — verschweigt, ist, dass in einem Sinnfeld aufzutreten, nicht notwendig bedeuten muss, dort als Element aufzutreten. Man kann dort auch als Teilmenge auftreten.

Da das Sinnfeld aller Sinnfelder nun aber ganz sicher Teilmenge seiner selbst im mengentheoretischen Sinne ist, müsste Gabriel zum — natürlich viel weniger spektakulären — Schluss kommen, dass die Welt durchaus existieren kann (da sie ja Teilmenge ihrer selbst ist).

Sein Buch mit dem werbewirksamen Titel » Warum die Welt nicht existiert « müss­te er dann aber wohl einstampfen. Und auch seine Antrittsvorlesung, in der er 2009 zum ersten Mal erklärt hat, wie er erkannt habe, dass die Welt als Ganzes nicht existieren kann, würde dann für ihn zur Peinlichkeit.

Ich möchte ihm keine unredliche Absicht unterstellen, kann mir aber doch nicht verkneifen zu sagen:

Gabriels Argumentation, sein spektakuläres “Forschungsergebnis” zu begründen, erinnert mich an ein der damaligen Gesellschaft einen Spiegel vorhaltendes Märchen, das im 19. Jahrhundert in satirischen Zeitschriften gerne abgedruckt wurde: Es geht da um Till Eulenspiegel, einen frechen Schalk, dem es gelang, die Ratsherren einer beschaulichen Kleinstadt davon zu überzeugen, dass ihr neu zu erbauendes Rathaus keine Fenster benötige, da man Licht ja in Kübeln hinein­tragen könne. Jene Ratsherren, so die Geschichte, haben Eulenspiegel — reich belohnt für solch guten Rat — freundlich verabschiedet und ihre Dummheit erst bemerkt, als er schon lange weg war.

Nachtrag:

Natürlich habe ich – mehrfach sogar – versucht, Gabriel auf seinen Denkfehler aufmerksam zu machen. Geantwortet hat er mir nicht, und so gehe ich davon aus, dass er meine Argumentation entweder nicht versteht oder gar nicht verstehen will. Oder könnte es sein, dass er immer noch damit beschäftigt ist, genau das zu tun, was er gegen Ende seiner Antrittsvorlesung 2009 explizit versprach: weiter darüber zu “forschen”, wie Sinnfelder zu noch mehr Einsicht führen können als nur zur Erkenntnis, dass die Welt nicht existent sein kann?

Fast unglaublich finde ich, dass nun schon ganze 10 Jahre lang keiner von Gabriels Fachkollegen die fehlende Logik seiner Argumentation kritisiert hat.

Was sagt uns das über die Kompetenz der Mehrzahl aller Vertreter der Wissen­schaft Philosophie? Warum macht man sich nicht daran, seine Argumentation zu prüfen (so wie das in den Naturwissenschaften ganz sicher passieren würde)? Wird Philosophie neuerdings zur Pseudowissenschaft, oder war sie das in großen Teilen schon immer?

Karl Jaspers, da bin ich ganz sicher, hätte Gabriels Denkfehler sofort erkannt. Seinen Standard, in wirklich jeder Hinsicht absolut sauber zu denken, hat Gabriel noch lange nicht erreicht.

Gabriel redet schnell, ihm zuzuhören finde ich unterhaltsam und der Mühe wert. Aber so schnell er redet, so wenig genau denkt er (so jedenfalls meine Meinung).

Ich bin gespannt, wann ihm selbst Letzteres bewusst werden wird.

John Searle, vormals Professor für Philosophie in den USA, bezeichnete Gabriel 2016 als den derzeit “besten” Philosophen Deutschlands. Da frage ich mich dann doch: Macht allein schon umfassende Kenntnis all dessen, was andere Philosphen geschrieben haben, jemand zu einem brauchbaren Erkenntnistheoretiker?

Die Philosophie ist eine Disziplin, die oft mit hohem Alter in Verbindung gebracht wird. Dennoch, so bekennt Gabriel wörtlich, “kann man sich in jüngerem Alter durchaus Gehör verschaffen, auch wenn man mit einer originellen These riskiert, heftiger als ältere Kollegen kritisiert zu werden“.

Was Neuen Realismus betrifft, so erscheint mir bisher nur lesenswert ein Beitrag des Italieners Maurizio Ferraris: » Was ist der Neue Realismus? «. Man findet ihn auf den Seiten 52-75 des kleinen Büchleins Der Neue Realismus (2014), dessen Herausgeber Markus Gabriel ist.

Wegen Gabriels Denkfehler sollte man den Begriff » Neuer Realismus « ersetzen durch den hier definierten Begriff » Realistischer Realismus «. Auch er spricht von Sinn, benötigt hierfür aber nicht den allzu unklaren Begriff der Sinnfelder.
 

Warum mich Markus Gabriel — als Professor der Philosophie — ein wenig an Boris Johnson erinnert


Im Interview MARKUS GABRIEL wird Markus Gabriel, ein noch sehr junger Professor für Philosophie, wie folgt zitiert:


    Since Kant, many philosophers have realized that there is no single point of view, no view from nowhere, from which we could possibly observe the world in the sense of absolute totality.

    Hence, the prevalence of certain forms of skepticism: how can we ever know the real, given its infinite complexities? Instead of arguing that we cannot have a theory of everything because of some kind of human or scientific limitation, I point out that the world does not and cannot exist!

    It is a bit like the biggest natural number: once you know what a natural number is, you know there is no such thing as the biggest natural number — once you know what existence is and what the world is, you know that the world does not and cannot exist. In order to get there, I first came to the con­clusion that to exist is for something to appear in a field of sense, as I put it.

    The idea is quite simple: Germany exists, the number three exists, nightmares exist, and unicorns exist (in movies, for instance). What this really means is: Germany appears in the history of Europe; the number three in the series of natural numbers; nightmares in our everyday lives or in psychoanalysis; unicorns in movies and our accounts of what happens in them. There is no single, general feature of existence that is shared by Germany, the number three, nightmares, and unicorns, yet they all exist! The world, had it existed, would have been a field of sense of all other fields of sense. But what notion of existence would be required for the world?

    Let me put this basic idea I spell out in various ways a little bit more intuitively, with the help of a thought experiment I call “Google Universe.” Imagine you use Google Earth and first see your street. You push minus and then see your city, your country, your continent, and ultimately Earth. If you could continue this with “Google Universe,” you would see the Milky Way, then a galaxy cluster, then more galaxies and in the end, the universe. But where do you stand if you see the universe as a whole? Well, nowhere! This is why this is impossible. “Google Universe” cannot exist.

 

Hieraus geht klar hervor, dass Existenz, wie Gabriel sie versteht, nur Dingen zukommen kann, die durch Menschen beobachtbar sind oder mindestens gedacht werden.

Dass ist ein sehr merkwürdiger Existenzbegriff, da er ja impliziert, dass nur existenz sein kann, was Gegenstand menschlicher Betrachtung ist.

Nun wissen Astrophysiker aber ganz genau, dass ständig Sterne über unseren Beobachtungshorizont hinaus wandern (und das sogar mit Lichtgeschwindigkeit). Da nicht anzunehmen ist, dass sie sofort hinter unserem Horizont aufhören physisch zu existieren, nur weil es uns ganz prinzipiell nicht mehr möglich ist, sie zu sehen, macht solcher Existenzbegriff keinerlei Sinn.

Noch mehr irritiert, dass Markus Gabriel — nicht nur als Philosoph, sondern auch als Inhaber eines Lehrstuhls für Erkenntnistheorie — uns offenbar gar nicht klar machen möchte, was sein Existenzbegriff bedeutet. Er lässt seine Zuhörer im Glauben, dass er und sie unter Existenz ein und dasselbe verstehen.

Das einzige, was Gabriel ständig — recht werbewirksam und nun schon seit 2009 — wiederholt, ist seine spektakuläre Aussage (Zitat):


    The idea is quite simple: Germany exists, the number three exists, nightmares exist, and unicorns exist (in movies, for instance). What this really means is: Germany appears in the history of Europe; the number three in the series of natural numbers; nightmares in our everyday lives or in psychoanalysis; unicorns in movies and our accounts of what happens in them.

 

Nur die Welt als Ganzes aber – die doch auch Gegenstand unseres Denkens sein kann – existiert seiner Meinung nach NICHT. Den Beweis bleibt er schuldig, denn soweit er ihn bisher versucht hat zu geben, war seine Argumentation alles andere als schlüssig (mehr dazu auf Seite Logischer Realismus — die gut begründete Gegenposition zum Neuen Realismus: eine Kritik, auf die Gabriel bisher nicht reagiert hat).

Wie also ist Markus Gabriel einzuordnen?

Will er nicht verstehen, dass Existenz immer nur Existenz in einer bestimmten Rolle sein kann (dass es also Dinge gibt, die in einer Rolle existent, in einer anderen aber nicht existent sind)?

Da ich Gabriel für einen sehr intelligenten Menschen halte, gehe ich davon aus, dass er das sehr wohl weiß. Warum aber verschweigt er es und setzt sich so dem Verdacht aus, dass es ihm einfach nur darum gehen könnte, möglichst werbe­wirksam spektakuläre Aussagen in die Welt zu setzen, von denen er ganz genau wissen sollte, dass die Mehrzahl all seiner Zuhörer sie wörtlich nehmen werden. Würde das dann aber nicht schon an ganz bewusste Lüge grenzen? Wäre sie eines Wissenschaftlers würdig?