Der Unterschied zwischen Pseudophilosophie, Philosophie und Wissenschaft liegt darin, wie man argumentiert:
Gemeinsam ist all diesen Denkenden: Man vertritt einen Standpunkt und behauptet, ihn in seriöser, überzeugender Weise zu verteidigen.
Philosophisches Denken geht ebenfalls von genau definierten Axiomen aus, rechtfertigt sie aber nicht selten einfach nur durch feste Überzeugung des Philosophierenden unter der Nebenbedingung, dass bisher niemand – auch Wissenschaft nicht – sie als falsch nachweisen konnte.
Echten Wissenschaftlern und echten Philosophen ist klar, dass all ihre Argumentation im besten Fall korrekte Schlussfolgerung sein kann (niemals aber ein Beweis dafür, dass Natur auch die Axiome – d.h. sämtliche Prämissen solcher Schlussfolgerung – wahr macht).
Besonders genau gehen hierbei Mathematiker vor: Sie klassifizieren jede Aussage als entweder Axiom oder Schlußfolgerung aus Axiomen.Axiome sind Aussagen, die man als wahr annimmt, ohne zu wissen, wie man ihren Wahrheitswert aus Tatsachen ableiten könnte.Schlussfolgerungen ergeben sich aus Axiomen durch anerkannte, genau definierte Ableitungsregeln.
Naturwissenschaft versucht, solches Vorgehen nachzuahmen, kennt aber schon zweierlei Arten von Axiomen:Einerseits Aussagen, die man als wahr annimmt, da Beobachtung der Natur ihre Wahrheit immer wieder bestätigt, bisher aber nie widerlegt hat, zweitens aber auch Aussagen, die man einer Theorie als Axiome zugrundelegt, um überhaupt eine Theorie zu haben.
Pseudowissenschaft schließlich, macht i.A. gleich drei fatale Fehler: Sie arbeitet mit zu wenig genau definierten Begriffen, ingoriert in ganz erheblichem Umfang anerkannte Ergebnisse der Naturwissenschaft, und der Argumentierende geht ohne jeden Beweis davon aus, dass seine Meinung richtig sei, keiner Überprüfung bedürfe, er selbst stets logisch argumentiere und daher wahr sein müsse, was seine Axiome sagen und was seine Schlussfolgerung ergibt. Er ist sozusagen Hybris in Person.
Eben deswegen sind pseudowissenschaftliche Aussagen rein gar nichts wert – auch dann nicht, wenn sie vom Inhaber eines Lehrstuhls für Erkenntnistheorie getätigt werden z.B. in akademischen Reden wie den folgenden:
Wer Markus Gabriels Argumente hin zu seinem “Forschungsergebnis“, dass es die Welt als Ganzes gar nicht geben könne, auch nur flüchtig prüft, dem wird schnell klar, warum der renommierte österreichische Hochschullehrer für Philoso-phie, Prof. Peter Strasser, Gabriels Sinnfeld-Ontologie als “ontologisches Larifari” eingeordnet hat. Wer denkt, Strasser hätte da zu hart geurteilt, der möge sich einfach mal selbst anhören, wie Gabriel argumentiert
- in seiner Antrittsvorlesung,
- in einen Vortrag, in dem er sein Buch der Öffentlichkeit vorstellt,
- und insbesondere über fast 2 Stunden hinweg in einem Vortrag, in dem Gabriel anderen Wissenschaftlern erklärt, vor welch großen Schwierigkeiten stehe, wer erkennen möchte, ob die Welt denn überhaupt existieren könne (als die Gesamtheit von allem).
Comments
Wie Gabriel mit Hilfe akademischer Kollegen heute seine Aussage, dass es die Welt nicht geben könne, schön zu reden versucht, findet sich skizziert im Artikel Weder neu noch neutral: Markus Gabriels Realismus in der akademischen Diskussion.
Es möge sich jeder selbst seine Meinung darüber bilden, ob Gabriels Realismus — er nennt ihn nun realistischen Realismus — hierdurch konsistenter geworden ist.
Im genannten Artikel gibt es insbesondere die Aussage “Der akademische neutrale ist nicht mehr derselbe Realismus wie der epochale neue“.
Besonders enttäuschend finde ich, dass in der gesamten akademischen Diskussion niemand zu erkennen scheint: Gabriels Sinnfelder sind subjektive Realitäten — es kann die Tatsache ihrer Existenz aber doch nicht als Beweis dafür gesehen werden, dass eindeutige Wirklichkeit (die wirkliche Welt) nicht existent sein könne.